In Teil 1 dieses Artikels ging es um die Frontkniebeuge an sich, was die Vorteile dieser Übung sind und weshalb ich sie für so effektiv halte.
Der heutige Teil befasst sich konkret mit einer alternativen Anwendungsmöglichkeit dieser Kniebeugevariation, neben dem klassischen Einsatz als Zusatzübung für reguläre Kniebeugen.
Wie bereits zuvor erwähnt habe ich diese Methode von Jay Nera abgeschaut, leicht modifiziert und mit Erfolg in mein eigenes Training integriert.
Und das ist: Frontkniebeugen in die Aufwärmsätze für reguläre Kniebeugen einzubauen.
Im letzten Teil habe ich erklärt, weshalb man in der Frontkniebeuge schwächer ist als in der regulären Kniebeuge und dass man trotz der geringeren Last einen ähnlichen Trainingseffekt erzielen kann. Dadurch ist die Frontkniebeuge bei gleichem Gewicht fordernder als eine reguläre Kniebeuge. Insbesondere der obere Rücken und die Rückenstrecker, aber auch die Quadrizepse werden stärker beansprucht und trainiert.
Genau diese vermeintliche „Schwäche“ bzw. dieses Kraftdefizit der Frontkniebeuge machen wir uns nun zu Nutze. Wenn du Frontkniebeugen in die Aufwärmsätze einbaust, machst du dir das Training von Beginn der Einheit an selbst schwerer.
Der bisher ausgeführte Aufwärmsatz mit 80kg in der regulären Kniebeuge war von der Intensität her (in % des 1RM) womöglich derart niedrig, dass dadurch, abgesehen vom Üben der Technik, kein wirklicher Trainingseffekt zu Stande kam. Für einen Sportler, der 160kg beugt, sind 80kg eine zu geringe Last, um dadurch einen nennenswerten Anpassungsprozess im Körper auszulösen.
80kg in der Frontkniebeuge hingegen entsprechen einer höheren Intensität und sind wesentlich fordernder als eine reguläre Kniebeuge mit 80kg.
Kurz gesagt: Du arbeitest früher, härter!
Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass (nach meinem subjektiven Empfinden) sich die Kniebeugen im Anschluss an die Frontkniebeugen wesentlich leichter anfühlen und die technische Ausführung ebenfalls besser wird.
Woran genau das liegt kann ich nicht sagen, ich könnte mir jedoch vorstellen, dass das mit dem sog. „Post Activation Potentitation“ Effekt zusammenhängt.
Ganz kurz gesagt beschreibt dieser Effekt den Sachverhalt, dass ein Muskel nach vorangehender, starker Belastung, auch im Folgenden zu einer stärkeren Kraftproduktion im Stande ist.
Ob das tatsächlich damit zusammenhängt bleibt allerdings nur eine Vermutung.
Um zu verdeutlichen, wie du diese Idee nun in dein eigenes Training einbauen kannst, nehmen wir wieder den Athleten mit den maximalen Kraftwerten von 130kg (Front) bzw. 170kg (Regulär) als Beispiel:
Am Montag stehen 80% des 1RM für 5 Sätze á 5 Wiederholungen in der regulären Kniebeuge auf dem Programm. Bisher sah der Verlauf der Aufwärmsätze an einem solchen Trainingstag vielleicht so aus:
Hantel x 10-20
60kg x 6-8 (~35% von 170kg)
80kg x 5 (~47%)
100kg x 3 (~59%)
120kg x 2 (~71%)
130kg x 1 (~77%)
135kg 5×5 (Arbeitssätze, 80%)
Die aus meiner Sicht beste Vorgehensweise für den Großteil der Trainierenden ist, die bisherigen Aufwärmsätze nun aufzuteilen in reguläre- und Frontkniebeugen. So erreicht man den angesprochenen Trainingseffekt, hat trotzdem weiterhin die Möglichkeit, in jedem Satz die Technik der regulären Kniebeuge zu üben und das Bewegungsmuster einzuschleifen.
Das neue Aufwärmprogramm des beispielhaften Sportlers könnte damit folgendermaßen aussehen:
Hantel x 5 (Regulär), x 5 (Front)
60kg x 2 (Regulär), x 4 (Front, ~46% von 130kg)
80kg x 2 (Regulär), x 3 (Front, ~62%)
100kg x 1- 2 (Regulär), x 1-2 (Front, ~77%)
120kg x 2 (Regulär)
130kg x 1 (Regulär)
135kg 5×5 (Arbeitssätze)
Wichtig zu beachten sind dabei zwei Dinge:
Im Beispiel zeigt sich, dass durch dieses Vorgehen insgesamt „nur“ 14 Wiederholungen in Form einer Frontkniebeuge ausgeführt werden und davon auch nur ca. 5, die überhaupt schwer genug sind, um einen Trainingseffekt zu erzielen (> ~50-60% des 1RM). Bei schwächeren Sportlern, die auch weniger Aufwärmsätze benötigen, sind es sogar noch weniger.
Werden allerdings 2-3x pro Woche Kniebeugen trainiert, so wären das schon 10-15 Wiederholungen pro Woche, 40-60 pro Monat und 480-720 pro Jahr. Das ist eine ganze Menge an zusätzlicher Arbeit!
Training is a marathon, not a sprint!
Der Artikel wäre nicht komplett, wenn ich nicht vorher wenigstens kurz auf einige Ausnahmefälle eingehen würde, bei der diese Methode vielleicht weniger empfehlenswert sein könnte.
Es ist wie immer komplett kontextabhängig, ob dieses Vorgehen für eine bestimmte Person sinnvoll ist oder nicht, auch wenn ich davon überzeugt bin, dass die Mehrheit der Trainierenden davon profitieren könnte.
Ausnahmen wären unter anderem folgenden Gruppen:
Diese Methode ist weder eine magische Pille, noch eine Wunderwaffe, die dir in kurzer Zeit zu rapiden Kraftzuwächsen verhilft. Es ist schlichtweg eine sehr simple Vorgehensweise, um dein Training effizienter zu gestalten. Ohne viel zusätzlichen Aufwand oder mehr investierte Zeit erreichst du einen besseren Trainingseffekt.
Frontkniebeugen sind und bleiben auch weiterhin eine gute Wahl für eine Nebenübung im Anschluss an reguläre Kniebeugen.
Wenn du allerdings „the most bang for your buck“ bekommen möchtest, könnte es sich lohnen, diese Methode auszuprobieren.
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